Hänsel und Gretel:
Märchenhexe mit Knalleffekt
Volksbühne überrascht mit moderner Inszenierung
Bad Emstal. Wenn ein gutgelaunter Rabe die Karriereleiter zum Hofnarr erklimmen will, dafür neben dem „Kleinen grünen Kaktus“ auch noch „An Tagen wie diesen“ von den Toten Hosen intoniert, dann denkt man nicht unbedingt an die Märchen der Brüder Grimm. Schon eher, wenn ein Eichhörnchen namens Norbert Nüsschen und Maulwurf Walli Wühl ihre besten Freunde Hänsel und Gretel nennen. Gewissheit bekommt man, wenn hinter dem phantasievollen Reigen im Bad Emstaler Kursaal die Volksbühne steht, die bekannt ist für Inszenierungen mit Überraschungseffekt. Das ist ihr auch in diesem Jahr wieder gelungen, dank einer Bearbeitung des Märchenklassikers durch ihren Vorsitzenden Lothar Neumann. Der hat dem Märchen rund um das Geschwisterpaar aus ärmlichen Verhältnissen einen modernen Anstrich verpasst, der so weit geht, dass die böse Hexe mit einem lauten Pyroknall im Ofen verschwindet und die neu erlangte Freiheit zum aktuellen Charthit von Robbie Williams gefeiert wird.
Die Geschichte aber bleibt weitestgehend die bekannte: Hänsel und Gretel (Sina Nasemann und Christin Risseler) leben mit ihren Eltern in einer kargen Hütte. Als sie nichts mehr zu essen haben, bringen Mama (Dagmar Risseler) und Papa (Ottmar Bulle) ihre Kinder schweren Herzens in den Wald, in der Hoffnung, dass sie von wohlhabenden Wanderern gefunden und mit nach Hause genommen werden. Hänsel und Gretel aber treffen auf das Hexenhaus, in das sie von der Hexe – bis hin zur fiesen Lache perfekt dargestellt von Ilona Neumann – und deren bösen Katze (Nicole Schwedes) gelockt werden. Hänsel wird in einen Käfig gesperrt, Gretel muss für die Hexe schuften. Das alles wäre kein Märchen, wenn am Ende nicht alle wieder glücklich vereint wären, in der Emstaler Version dank Walli Wühli (Pamela Riedel) und Norbert Nüsschen, der in seinem Eichelnotfallkoffer zwar nicht das passende Werkzeug für die Befreiung Hänsels parat hat, die Zange in letzter Sekunde aber doch noch heranschafft.