Hänsel zieh‘ den Pulli an
Einen wunderbar witzigen Märchenabend erlebten am Wochenende rund 300 große und kleine Besucher im Bad Emstaler Kursaal
BAD EMSTAL. Kinder hassen Stillsitzen. Und weil die Volksbühnen-Truppe das weiß, wird Bewegung ins Stück eingebaut. Kinder lieben witzige Gestalten und lustige Situationen, die es in der Urversion von „Hänsel und Gretel“ bekanntermaßen nicht gibt. Also werden sie erfunden. Die Mischung machte es, bei der Premiere des Wintermärchens der Volksbühne am Samstag abend im rappelvollen Bad Emstaler Kursaal. Unumstrittener Star und Lachnummer des Stücks war die Gestalt des Eichhörnchens Norbert Nüßchen. Die in dieses Köstum geschlüpfte Margret Rißerler alberte sich mit Lispelstimme und Tapsigkeit in die Kinderherzen. Ihr zur Seite stand Walli Wühli der Maulwurf, mit dem sie das Stück erzählend und agierend begleitete. Für Begeisterung sorgten auch die Gesangseinlagen und Zaubertricks des Raben, der in einem Nest fast an der Decke des Kursaals schwebte.
Überhaupt hatte die Theatergruppe die Bühne nach allen Seiten hin erweitert. Hexenhaus, Backofen und Hühnerstall verlängerten die normale Bühnenfläche über die gesamte Kursaalbreite. So kam es zu kleinen Völkerwanderungen der Kinder, die auf Teppichen vor der Bühne immer zum jeweiligen Geschehen krabbelten. Keinen störte das Gewusel, hin und wieder kam zwischen den ersten Stuhlreihen ein unruhiger Geist herausgerobbt, den es weiter hinten nicht mehr auf seinem Platz gehalten hatte.
Die Kommunikation der Kinder mit den Akteuren auf der Bühne begann mit der Frage des Maulwurfs, woher denn die kleinen Zuschauer kämen. „Aus Deutschland“, antwortete ein Naseweis. Danach durften sich die Kinder immer wieder ins Geschehen einschalten. Keiner der Darsteller spielte seine Rolle stur nach Vorlage. Durch die Beteligung der Kinder wurde die Geschichte auf der Bühne zur Realität. Eine große Rolle spielte dabei die aufwendige Bühnendekoration und die eingesetzten Musik- und Lichteffekte. Die perfekte Illusion führte zu einem kleinen Zwischenfall, als die Hexe zum ersten mal auf der Bühne auftauchte. Dramatische Musik, huschende Lichter und die schwarze Gestalt sorgten dafür, dass einige kleinere Kinder aus Furcht weinten. Doch das war schnell vorbei, als Nüßchen auf der Bühne erschien und ein um das andere mal seufzte „Auch du dicke Haselnuß“.
Danach hatte die Hexe nichts mehr zu lachen. „Du böse Hexe“, zischten die Kinder ihr immer wieder zu, und auch ihre Katze war nicht sonderlich beliebt. Anders Hänsel und Gretel, die großzügig die Lebkuchen vom Dach des Hexenhauses an die Kinder verteilten. Als Hänsel eingesperrt im Hühnerstall vor Kälte zitterte, meinte ein Steppkes wohlmeinend: „Nun zieh dir doch endlich einen Pulli an“.
Einen Spezialeffekt gab es beim großen Finale, nachdem Gretel auf Anraten der Kinder die Hexe in den Ofen geschubst hatte. Mit einem riesigen Knall flog der Backofen in die Luft.
Fazit: Das witzig-spritzige Wintermärchen der Volksbühne macht nicht nur Kinder froh, sondern Erwachsene ebenso. (ewa)
Termine und Rollenverteilung
Nach der Premiere von Hänsel und Gretel gibt es zu folgenden Terminen weitere Aufführungen: Am Samstag, 28. November, Sonntag, 29. November, Sonntag, 6. Dezember, Sonntag, 13. Dezember 1998. An allen Tagen wird jeweils um 14 und 17 Uhr gespielt.
Hänsel und Gretel spielen Christian Schneider und Janina Pimpl, Mutter und Vater sind Inge Friebertshäuser und Jürgen Kleinhans. Norbert Nüßchen und Walli Wühli sind Margret Rißeler und Ramona Sommer. Ilona Neumann ist die Hexe, Stephanie Kaszemek die Katze und Lothar Neumann Rudi Rabe. Als Souffleuse fungieren Helga Teinzer und Dagmar Rißeler. Den Bühnenbau haben Arnold Geselle und Franz Teinzer übernommen. Lothar Neumann hatte die Idee für das Bühnenbild und Uwe Hörl ist für die Technik zuständig. Um Maske und Kostüme kümmern sich Ilona Neumann und Karin Knobel. Die Regie hat Ilona Neumann. (ewa)