Bauernbetten und Verwirrspiele
Drunter und drüber ging es beim Bauern Heinrich Müller in Balhorn. Schlag auf Schlag sorgten Verwicklungen für Lachtränen, selbst beim letzten Humormuffel im vollbesetzten Festzelt
Balhorn. Lang anhaltender, lautstarker Applaus, zwischendurch begeistertes Klatschen und herzerfrischende Lachsalven für ein perfektes Lustspiel, in dem totale Verwirrung um eine Nacht an der Tagesordnung waren. Der oft stürmische Beifall war aber auch Anerkennung für eine großartige Leistung aller Akteure vor und hinter den Kulissen. Gleich zwei Premieren gab es für die „Volksbühne Bad Emstal“ am Wochenende: einmal führte sie den Schwank „Alles wegen einer Nacht“ zum ersten mal nach einer langen und intensiven Probenarbeit auf, und zum anderen bauten sie erstmalig Ihre Kulissen in einem Festzelt auf.
Nach dem Öffnen des Vorhangs fanden sich die Zuschauer in einer ganz normalen guten Stube wieder, in der sich rund zwei Stunden lang ein oft hektisches moralisch-unmoralisches Treiben abspielte. Gepaart mit einer deftigen Dialektsprache und Anspielungen auf Balhorner Örtlichkeiten, wie das Wasserhäuschen am „Erzebach“.
Verwicklungen und Komplikationen sind geradezu vorprogrammiert, wenn ein junger Bauer ein Mädchen heiraten möchte, dessen Eltern nicht damit einverstanden sind. Doch der denkt sich eine List aus, innerhalb von 24 Stunden an sein Ziel zu kommen. Er steckt dem Vater und der Mutter je einen Zettel zu mit einer anonymen Verdächtigung, sie würden einander betrügen. Beide wollen sich gegenseitig prüfen und schicken die Magd und den Knecht unabhängig voneinander ins Schlafzimmer. Die nutzen die Gunst der Stunde, denn die Magd ist nicht nur naiv, sondern auch ein „liederliches Frauenzimmer“ und der Knecht kein Kostverächter. Das Verwirrspiel auf der Bühne steigert sich, jeder beschuldigt den anderen reichlich lautstark und es werden schon mal Prügel angedeutet. Betten werden auf der Bühne aufgeschlagen und die unterschiedlichsten Pärchen nehmen darin Platz.
Als nach rund zwei Stunden der Vorhang fiel war Christian am Ziel, er durfte seine Katrin nach einer kleinen Erpressung heiraten. Vor allem Lothar Neumann brannte als Bauer Heinrich Müller ein wahres Feuerwerk von Humor ab, und sorgte – wie schon so oft – für Gelächter und Szenenapplaus. In nichts stand ihm Margret Risseler, ein neues Gesicht bei der Volksbühne, nach. Als derbe Bäurin Agnes, die gerne temperamentvoll mit herumfuchtelnden Armen ihren Unmut ausdrückt, war sie eine glanzvolle Entdeckung, die man gerne auf der Volksbühne wiedersehen möchte.
In die Rolle des listigen Jungbauern Christian schlüpfte Jürgen Kleinhans ebenso wie Stephanie Sprenger, die als die verliebte Tochter Katrin gefiel. An den schauspielerischen Leistungen von Ilona Neumann konnte man sich schon öfter erfreuen, auch in diesem Stück war sie als Magd Lina ein wichtiger Stimmungsträger. Fast könnte man von Reinhard Wicke sagen, er spielte sich selbst – mit seiner natürlichen Begabung brachte der Balhorner Ortslandwirt als Knecht Wilhelm das Publikum wiederholt zum Lachen. Im Souffleusekasten saß Steffi Kaszemeck, auch ihr war der Erfolg der Aufführung mit zu verdanken, passte sie doch auf, dass kein „Hänger“ den Ablauf störte.
Einen Trost gibt es für alle, die den deftigen Schwank nicht gesehen haben; er wird, das versprach der Vorsitzende der Volksbühne, Lothar Neumann, im Oktober 1998 noch zweimal wiederholt und dann noch einmal am 29. Dezember. Es sollten schon jetzt Eintrittskarten bei der „Volksbühne Bad Emstal“ bestellt werden, weil sie erfahrungsgemäß schnell vergriffen sind. (zjg)