2011: Kalle Pohl

HNA vom 24.1.2011

Ein saukomischer Abend

Kalle Pohl mit seinem Programm „Du bist mir ja einer!“ in Bad Emstal

Bad Emstal. Wohl dem, der eine Hand-Sau hat. Schließlich kann man bei der einmal so richtig Dampf ablassen. Das meinte jedenfalls Kalle Pohl in seinem Programm „Du bist mir ja einer!“ am Samstagabend im Kur-und Festsaal Bad Emstal.
Den 300 Gästen der von der Volksbühne organisierten Veranstaltung stellte er denn auch gleich das rosafarbene Plüsch-Schweinchen vor. Mit der Handpuppe lieferte er sich im Laufe des Abends immer mal wieder einen offenen Schlagabtausch, sinnierte über Goethes Faust oder schlug den Bogen zur klassischen Bildung: „Auch Schiller hat Balladen geschrieben. Aber seien wir ehrlich – zwischen Schiller und Bohlen liegen 160 Millionen verkaufte Tonträger.“

Analphabeten

Klar, dass auch die herrschende Bildungsmisere dem Kabarettisten große Sorge bereitete: „Jeder zwanzigste Deutsche kann nicht lesen und schreiben und viele andere Menschen glauben, dass Analphabeten eine fromme Methode der Empfängnisverhütung sei.“
Auf politische Details ging der bekennende Rheinländer indes nur kurz ein. „Merkel, Westerwelle, Gabriel, Steinmeier, Künast, Trittin, Gysi – so, damit hätten wir den politischen Teil hinter uns.“ Stattdessen wandte er sich viel lieber den alltäglichen Betrachtungen und der Zuhörerschaft im Saal zu. Die hatte sich von der ersten Minute an von den wortwitzigen Ausführungen Pohls voll in den Bann ziehen lassen und stimmte auch bei dessen musikalischen Beiträgen bereitwillig mit ein. So wie bei dem ebenso eingängigen wie eigenwilligen Song über Animateure „Heiko, Meiko und Max“ oder dem musikalischen Blick in die Vergangenheit. Kaum hatte sich das Publikum aber über die ersten Takte von „Zwei kleine Italiener“ gefreut, durfte es sich kurz darauf vorstellen, dass Lena mit „Zwei kleine Türken“ zum Grand Prix antreten würde.

Mit Hand-Sau und Humor: Kalle Pohl in Bad Emstal. Das Publikum fand‘s gut. Foto: zms

Verschiedene Gene

Sarrazin und dessen Gentheorie waren für Pohl übrigens kein Thema. Spezielle Gene gäbe es doch schon lange. „Dass Gassi-Gen bei Hundebesitzern und das Gen-am Stock bei Älteren.“
Mit weiteren geist-und gestenreichen Überlegungen über karibische Kühlflüssigkeiten, die eigene Mitschuld am Klimawandel, muskulöse Animateure oder zahlreiche panierte Nackenkotletts hatte Pohl während des zweistündigen Programms die Lacher auf seiner Seite. Kein Zweifel. Seine Geschichten, Beobachtungen und Lieder waren – wie seine Plüschfigur – saukomisch.

Von Martina Sommerlade