Der Spaßvogel wurde lebendig
Thomas Glup schob die Brille auf die Nase und wurde zu Heinz Erhardt, dem Meister des Wortwitzes
Bad Emstal. Es ist die dicke schwarze Hornbrille, die ihn auf fast magische Art und Weise verwandelt. Kaum hat er sie auf, wird er zu Heinz Erhardt. Der Wirtschaftswunder-Spaßvogel lebt, könnte man meinen, wenn Thomas Glup aus Essen durch das alte Kassengestell blinzelt und verschmitzt grinsend feststellt: „Ach, was bin ich doch für ein Schelm.“
Doch der Meister des Wortspiels ist bekanntlich schon einige Jährchen tot, hat in Glup aber einen würdigen Nachfolger gefunden. Sprache, Gestik, Mimik – alles stimmt, abgesehen von der schlanken Erscheinung des Essener Schauspielers. Etwas mehr Bauch im schwarzen Anzug und man wäre sich sicher, Heinz Erhardt steht höchstpersönlich auf der Bühne des Kur- und Festsaals. Schließt man die Augen, wird der einstige Spaßvogel der Nation lebendig. Der Funke springt sofort über, so, wie auch bei früheren Auftritten des Erhardt-Experten in Bad Emstal.
Diesmal hat er ein „Best-Of“-Programm mitgebracht, und auch hier bleibt er seinem Vorsatz treu: Den Altmeister nicht imitieren, sondern vielmehr an ihn erinnern und die allseits bekannten Texte und Wortspielereien erneut zum Leben erwecken. Neben populären Werken bringt er auch weniger bekannte Texte vom Altmeister des Humors auf die Bühne, Klassiker wie „Immer wenn ich traurig bin, trink ich einen Korn“ dürfen dabei nicht fehlen und werden von den Emstalern lautstark mitgesungen und gesprochen. Unterstützt wird Glup, der im wirklichen Leben Beamter der Stadt Essen ist, durch den Pianisten Thomas Werner und seine langjährige Bühnenpartnerin Birgit Flamma.
Was für ein Schelm: Thomas Glup überzeugte im Bad Emstaler Kur- und Festsaal in der Rolle des Heinz Erhardt.
Foto: Hoffmann
Brille als Regisseur
Brille als Regisseur
Die Brille, ein echtes Original aus dem Film „Drillinge an Bord“, wird dabei zum Regisseur im Spiel zwischen Original und Fälschung. Hat er sie auf, spricht er als Erhardt. Nimmt er sie ab, versucht Glup selbst, so geschickt mit der Sprache zu spielen, wie sein Vorbild. Wenn er dann die Sketche, Liedvorträge und Lebensweisheiten auf die heutige Zeit überträgt, stellt er fest, wie aktuell Erhardts Witzeleien noch heute sind. Sie funktionieren noch immer, auch verpackt in aktuelle Thematiken. „Das hat ihm bis heute kein Comedian nachmachen können“, sagt er. Auch er selbst nicht, obwohl er dem Original schon erstaunlich nahe kommt, egal, ob derber Spruch oder feinsinniger Wortwitz. Wer weiß, vielleicht liegt es an der dicken schwarzen Hornbrille.
Von Sascha Hoffmann